Noch ein Rotkäppchen? Die Geschichte brauchen wir hier nicht nachzuerzählen, das Märchen gibt es in allen Versionen und Interpretationen in der Literatur, im Kino, im Theater… Aber es gibt Werke, die mehr als andere aufgefallen sind, durch ihre Ästhetik und Originalität. Die Inszenierung von Florence Lavaud ist ein solches. Ihr Petit Chaperon Rouge aus dem Jahr 1999 hat von Beginn an einen starken Eindruck hinterlassen: Das Stück war in ganz Frankreich auf Gastspieltour und erhielt 2006 den Molière für Junges Publikum.
Florence Lavaud hat sich dazu entschlossen, das Stück wiederaufzunehmen, um die Jugendlichen von heute etwa 25 Jahre nach seiner Entstehung mit ihm zu konfrontieren. Das künstlerische Team von damals übergibt den Stab an vier junge Künstler*innen, die bereit waren, diese angepasste Rotkäppchenversion zu spielen: ein Schauspieler, eine Zirkuskünstlerin, ein Komponist und eine Marionettenspielerin. Die Premiere findet 2023 auf dem Festival LOOSTIK statt!
Un petit Chaperon rouge ist von atemberaubender Schönheit, ein Meisterwerk visueller Kunst. Wechselnde Tableaus zwischen Licht und Schatten zeigen die Naivität Rotkäppchens, die Bedrohung des Wolfs und das gefährliche Versteckspiel. Florence Lavaud lässt die Bilder, Gesten und die Musik miteinander in Dialog treten, das Stück hat viele Deutungsebenen. Weit entfernt von allem Lieblichen, Braven, ist diese Version vor allem eins: eine Geschichte weiblicher Emanzipation. Schön und brutal, poetisch und beeindruckend. Ein erhebender Glücksmoment mit Gänsehaut, der unvergesslich bleibt.